Positives Hundetraining: Lernen über positive Verstärkung
Das Angebot und die Arbeitsweise im Hundetraining haben sich verändert. Neben traditionell arbeitenden Hundeschulen gibt es auch bei uns immer mehr Trainer, die auf Basis positiver Verstärkung arbeiten. Aber was ist das eigentlich genau? Wie verändert man Verhalten langfristig und nachhaltig und hat auch noch Spaß daran?
Was genau ist positives Hundetraining?
Positives Hundetraining ist ein belohnungsbasiertes Training, bei dem erwünschtes Verhalten verstärkt wird. Der Hund lernt über positive Gefühle, statt über Druck oder Strafe. Ziel ist ein sicheres, stressarmes und vertrauensvolles Zusammenleben.
Positives Hundetraining ist für alle Menschen geeignet, die …
- … eine gute Mensch-Hund-Beziehung bekommen oder ausbauen möchten.
- … die Körpersprache des Hundes und seine Verhaltensweisen verstehen wollen.
- … einen freundlichen, fairen & respektvollen Umgang mit ihrem Hund bevorzugen.
- … auf Straf-, Schreck- und Angstreize komplett verzichten.
- … verstehen wollen, warum ihr Hund Verhalten X zeigt und wie sie an der Ursache arbeiten können.
- … nach modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen trainieren anstatt auf Dominanz und Rangordnung zu bestehen.
Vielleicht geht es Dir so wie mir vor ein paar Jahren. Du hast das Gefühl, eine traditionelle Hundeschule ist nicht der richtige Ort für Deinen Hund und Dich. Oder Du hast bereits Erfahrung mit aversiv arbeitenden Trainern gemacht und möchtest einen freundlicheren Umgang mit Deinem Hund erlernen.
Doch dann kommen die Kritiker aus dem Umfeld, die Dir sagen, dass Du Deinem Hund Grenzen setzen mußt, ihm ein guter Rudelführer sein sollst und Dich in der Rangordnung an oberste Stelle setzen sollst – und das geht nun mal nur, indem Du der Chef bist. Und keinesfalls mit Leckerli. Das weit verbreitete Märchen vom Rudelführer.
Positive Verstärkung oder doch Strafe?
Die Hundeforschung hat sich in den letzten 2 Jahrzehnten weiterentwickelt und Beobachtungen zeigen, dass Lernen durch Strafe – also aversive Trainingsmethoden wie Druck, Angst, Schmerz- und Schreckreize – beim Hund zu Stress führen.
Ist der Hund Stress ausgesetzt, kann er nicht lernen. Dauerhafter Stress führt zudem zu gesundheitlichen Problemen. Außerdem schadet es langfristig der Beziehung und Bindung zu Deinem Hund.
Auch wenn die Hundeforschung mittlerweile sehr fortgeschritten ist, basiert traditionelles Hundetraining meist noch auf veralteten Annahmen. Die leider immer noch weit verbreitete Dominanz- und Rangordnungstheorie wurde schon längst richtig gestellt und zwar von demjenigen, der die Theorie ursprünglich in den Raum gestellt hat. Leider hat sich das in den Hundeschulen noch nicht herumgesprochen und es wird vehement mit Strafe und Druck trainiert. Hierzu zählen v.a. Leinenrucks, Treten, Blocken, Halsbänder ohne Zugstopp, Elektroreize, Rütteldosen, Anschreien, das klassische „Da muss der jetzt durch“ uvm.
Die moderne Hundeerziehung orientiert sich an der aktuellen Verhaltensbiologie und nutzt ausschließlich Methoden, die nachweislich stressarmes Lernen ermöglichen und hundefreundlich sind.
Im modernen und positiven Hundetraining legen wir Wert auf Wohlfühlen, Spaß und Belohnung. Wir fokussieren uns auf das erwünschte Verhalten und verstärken es (=belohnen) es, anstatt unerwünschtes Verhalten zu bestrafen.
In unserem Zusammenleben mit dem Hund können wir selber entscheiden, ob wir belohnungsbasiert trainieren möchten – also erwünschte Verhaltensweisen verstärken – oder durch den Einsatz von Strafe unerwünschtes Verhalten hemmen wollen.
Sei Dir jedoch bewusst, dass aversives Training (also Lernen durch Strafe) …
- Stress erzeugt
- die Lebensqualität mindert
- Aggressionsverhalten verschlimmert
- und die Bindung schädigt.
Zudem lernt der Hund beim strafbasiertem Training nicht, was er besser machen kann, wie er sich anders verhalten soll.
Positive Verstärkung im Alltag
Viele Hundehalter suchen nach einem Trainingsweg, der ohne Druck funktioniert und sich harmonisch in den Alltag integrieren lässt. Genau hier zeigt sich die Stärke der positiven Verstärkung: sie ist individuell anpassbar und alltagsnah.
In meinem Hundetraining – sofern man das überhaupt so nennen mag, trainiere ich doch mehr den Menschen als den Hund – geht es nicht darum, vom Hund Kommandos in exakter Reihenfolge und Ausführung abzufragen. Vielmehr geht es um eine Alltagstauglichkeit im individuellen Zusammenleben. Das Signal „Platz“ in der Hundeschule ist nicht gleichbedeutend mit einem positiv aufgebauten Ruhe- & Entspannungssignal auf der Hundedecke oder im Restaurant.
Im Alltag entstehen oft Situationen oder Konflikte, die der Hund u.U. noch nicht meistern kann. Ich schule Dich als Hundehalter darauf, Deinen Hund lesen zu lernen, Hundesprache zu verstehen und entsprechend reagieren zu können, bevor Du Deinen Hund in eine für ihn unlösbare Situation laufen lässt. Denn die Grundlage für belohnungsbasiertes Training ist, so vorausschauend zu handeln, dass Dein Hund möglichst gar kein unerwünschtes Verhalten zeigen kann.
Zudem gilt es, erlerntes Verhalten zu generalisieren, dh zu verallgemeinern. Kann Dein Hund am Hundeplatz Verhalten X zeigen, heißt das nämlich noch lange nicht, dass das auch im Alltag mit entsprechenden Umweltreizen möglich ist. Training bzw. Lernen findet zuerst in reizarmer Umgebung statt, muß aber kleinschrittig und unter steigender Ablenkung weiter aufgebaut und gefestigt werden. Alleiniges Rückruftraining am Hundeplatz wird im Wald bei Wildsichtung eher nicht funktionieren.
Positives Hundetraining: Dein Weg zu einem fairen Miteinander
Die Lerntheorie von Hunden besagt, dass Verhalten, dass verstärkt wird (also belohnt), stärker und öfter gezeigt wird. Verhalten, dass keine Verstärkung erfährt, wird weniger oft gezeigt bis es schließlich ganz aufgegeben wird.
Training am erwünschten Verhalten erfordert allerdings ein Umdenken von uns Hundehaltern. Wir sind es gewohnt, Menschen und Tiere nach ihrem Fehlverhalten zu beurteilen. Den guten Dingen, die bei weitem überwiegen, wird meist keine Aufmerksamkeit geschenkt. Anfragen bei mir beginnen oft mit “Ich will nicht, dass mein Hund an der Leine zieht …” – drehe doch die Anforderung um und sage: “Ich möchte einen Hund, der an lockerer Leine neben mir läuft.” Das verändert Deine Einstellung und die Herangehensweise ans Training.
„Du musst Dein Verhalten ändern, wenn Du das Verhalten Deines Hundes verändern willst.“ - Viviane Theby
Trainerfehler: "Positives Training funktioniert nicht!"
„Positives Hundetraining funktioniert nicht!“ – sagen die, die zwar laut sind, aber ahnunglos.
Kritiker des positiven Hundetrainings schreien immer ganz laut, dass diese Trainingsmethode nicht funktioniert, da man nicht ausschließlich positiv mit dem Hund trainieren kann. Aus lerntheoretischer Sicht ist diese Aussage korrekt, auch das Vorenthalten eines Leckerli oder Wegnehmen der Aufmerksamkeit ist per Definition auch Strafe.
ABER – und das sollten die Kritiker auch verstehen, nicht nur den ersten Teil der Lerntheorie: Es macht einen eklatanten Unterschied, ob ich Strafe bewusst als Trainingsmethode einsetze, um den Hund zu hemmen oder unterdrücken und dieser dadurch regelmässig in Angst versetzt wird oder ob ich ihm, zB durch die Vorenthaltung eines Leckerli, lediglich ein Gefühl der Enttäuschung zufüge und überwiegend mit positiver Verstärkung trainiere. Es geht um das zugrunde liegende Gefühl, das durch die Trainingsmethode ausgelöst wird.
Natürlich funktioniert positives Training auch dann nicht, wenn es schlichtweg falsch angewendet wird. Und glaube mir, was ich oft erlebe, wie angeblich positive Trainer arbeiten – ja, da wundert es mich nicht, dass der Eindruck entsteht, es funktioniert nicht. Das Problem liegt aber dann am Trainer und seinem Halb-Wissen und nicht an der Lerntheorie der positiven Verstärkung.
Lies dazu gerne meinen Artikel „Positives Training funktioniert bei meinem Hund nicht“
Der Aggressions-Mythos: Positives Training macht aggressiv
Im Jahr 2025 wurde Kritik am positiven Hundetraining laut. Die Verfechter von Druck und Strafe meinen, dass wir damit Hunde aggressiv machen würden.
Ui ui ui, noch deutlicher kann man seine Ahnungslosigkeit nicht zum Ausdruck bringen. Aber lies selber rein, worum es in dieser Behauptung geht. Hier geht’s zum Artikel: Positives Training macht Hunde aggressiv
Gewaltfreies Hundetraining
Gewaltfreies Hundetraining bedeutet, Verhalten so aufzubauen, dass dein Hund sich sicher fühlt, seine Bedürfnisse berücksichtigt werden und Lernen überhaupt möglich ist. Wir verzichten auf Strafe, Schreckreize und Druck. Stattdessen zeigen wir dem Hund kleinschrittig, was er tun kann – nicht nur, was er lassen soll. So entsteht ein Hund, der Situationen wirklich versteht und im Alltag stabiler wird.
Wenn Du Deinen Hund ständig maßregelst, in seinem Verhalten hemmst oder an der Leine zerrst, wird das die Bindung zu Deinem Hund nicht verbessern. Im Gegenteil: Er lernt, dass Deine Anwesenheit manchmal unangenehm, frustrierend und sogar beängstigend ist. Wie kannst Du also erwarten, dass Dein Hund dann in schwierigen Situationen perfekt abrufbar ist und gerne zu Dir zurückkommt?
Lernen mit positiver Verstärkung funktioniert übrigens bei jedem Hund, bei jeder Rasse und bei jeglichem unerwünschtem Verhalten, sofern es richtig angewandt wird. Man muß weder unkastrierte Rüden, noch Tierschutzhunde noch aggressive Hunde anders „erziehen“ oder „eine harte Hand“ anwenden.
Welchen Umgang und Trainingsweg Du mit Deinem Hund einschlagen möchtest, ist alleine Deine Entscheidung. Ich möchte hier aber Aufklärung betreiben für all jene, die sich für ein freundliches und faires Miteinander interessieren und Druck und Strafe ablehnen. Es handelt sich bei diesen Aussagen nicht um meine persönliche Meinung oder meine eigene Methode, sondern um wissenschaftlich fundierte Fakten und allgemein gültige Lerntheorien, die ich selber bei anerkannten Ausbildungsinstituten und gewaltfrei arbeitenden TrainerInnen gelernt habe und ständig vertiefe.
Positives Hundetraining ist keine Trainingsmethode, sondern eine Lebenseinstellung.
Häufige Fragen zu Positivem Hundetraining
Was bedeutet positives Hundetraining eigentlich?
Positives Training bedeutet, erwünschtes Verhalten aufzubauen, statt unerwünschtes Verhalten zu bestrafen. Wir arbeiten mit moderner Lerntheorie, Bedürfnissen und Emotionen – nicht mit Druck oder Schreckreizen.
Funktioniert positives Training bei jedem Hund?
Ja – positive Verstärkung funktioniert bei jedem Säugetier. Wenn es „nicht funktioniert“, liegt es nicht am Hund, sondern immer am Trainingsaufbau, an fehlendem Management oder daran, dass Mensch oder Trainer nicht wissen, wie positive Verstärkung wirklich angewendet wird. Dieses Training ist kein 08/15-Kekswerfen, sondern moderne Lerntheorie – und die muss man verstehen, damit der Hund überhaupt eine Chance hat, richtig zu lernen.
Bei Angsthunden und traumatisierten Hunden braucht es zudem oft zuerst Stabilisierung, Sicherheit und einen ruhigen Alltag, bevor Training überhaupt möglich ist. Erst wenn der Hund emotional wieder erreichbar ist, kann positive Verstärkung ihre volle Wirkung entfalten
Ist positives Training das gleiche wie „Leckerli reinschieben“?
Nein. Positives Training heißt nicht, dass man jedes Verhalten mit Futter „zudeckt“. Es bedeutet strukturiertes Lernen, clevere Belohnungen, sinnvolle Trainingsschritte und ein Verständnis für den emotionalen Zustand des Hundes.
Warum reagieren manche Hunde trotzdem aggressiv oder gestresst?
Weil Verhalten immer einen Grund hat. Positive Verstärkung ist erfolgreich, wenn wir die Ursachen verstehen: Überforderung, fehlende Strategien, Stress, unerfüllte Bedürfnisse, Trauma oder massive Angst. Erst wenn diese Basis stimmt, kann Training greifen.
Warum dauert positives Training manchmal länger?
Weil wir nicht nur Verhalten verändern, sondern Emotionen regulieren und Bedürfnisse erfüllen. Das Ergebnis ist nachhaltiger: Ein Hund, der versteht, statt nur zu funktionieren. Hier kannst du mehr darüber erfahren: Modernes Hundetraining
Ist positives Training auch für Problemverhalten geeignet?
Ja – sogar besonders. Bei Angst, Aggression, Leinenaggression oder Unsicherheit ist fairer Trainingsaufbau entscheidend. Druck verschlimmert vieles, positive Verstärkung baut Strategien und Sicherheit auf und ermöglicht angstfreies Lernen.

Daniela Loibl - Hundeverhaltensberaterin
Ich begleite Hunde, die mit den Anforderungen des neuen Lebens überfordert sind - und Menschen, die verstehen wollen, warum. Mein Hund Happy, ein ehemaliger Kettenhund mit komplexer PTBS, hat mir gezeigt, was fundiertes Wissen, Geduld und ein tieferes Verständnis für Verhalten bewirken können, wenn Training allein nicht reicht. Mein Ansatz basiert auf verhaltensbiologischen und neuropsychologischen Erkenntnissen - modern, bindungsorientiert und 100 % gewaltfrei.
Genug von alten Mythen, Druck und „Der muss da jetzt durch“?
Ich zeige dir, wie positives Training wirklich funktioniert - alltagsnah, wirksam und unterstützend für deinen Hund.
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